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 Vertriebene Palästinenser in einem überfluteten Zeltlager in Nuseirat Vertriebene Palästinenser in einem überfluteten Zeltlager in Nuseirat 

Gaza: Kälte und Regen fordern Todesopfer

Mindestens 16 Menschen sind im Gazastreifen infolge der anhaltenden sintflutartigen Regenfälle ums Leben gekommen. Die Lage ist kritisch. Wir sprachen mit Anton Asfar, Generalsekretär von Caritas Jerusalem.

Marie Duhamel – Vatikanstadt

Asfar berichtet von den verfallenen Zelten der im Schlamm eingeschlossenen Gaza-Bewohner, den mangelnden Hygienebedingungen und der Ausbreitung von Krankheiten. Die Organisation hat seit dem Waffenstillstand die Anzahl der Hilfsstationen erhöht, doch die Versorgung des Gebiets mit medizinischen Gütern gestaltet sich weiterhin schwierig.

In den vergangenen Stunden seien 13 Häuser durch die heftigen Regenfälle und starken Winde des Sturms Byron eingestürzt. Sechs Menschen starben beim Einsturz ihrer Häuser in Bir al-Naja im Norden des Gazastreifens. Vier weitere kamen bei ähnlichen Vorfällen ums Leben. Stabile Behausungen wurden durch die monatelangen Bombenangriffe seit Kriegsbeginn zerstört oder schwer beschädigt und dadurch geschwächt. „Gaza-Stadt war vor dem Krieg ein urbanisiertes, teilweise entwickeltes Gebiet. Heute, nach der Invasion und dem Waffenstillstand, sind nur noch 50 Prozent dessen übrig, was vorher existierte“, sagt der Sekretär von Caritas Jerusalem, die mit Teams vor Ort im Einsatz ist.

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Drei Kinder erfroren

Das extreme Wetter verschärft die Lebensbedingungen, insbesondere für Zehntausende Familien, die unter Planen leben. „Sie leben in völlig unbrauchbaren, verfallenen Zelten. Sie wurden von einem Ort zum anderen verlegt“, berichtet Anton Asfar. Bei Überschwemmungen bleibt nichts trocken. Die Menschen versuchen, das Wasser mit Schüsseln auszuschöpfen. Drei Kinder seien in diesen Tagen an Unterkühlung gestorben.

Überschwemmung in Gaza
Überschwemmung in Gaza   (AFP or licensors)

Die UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, dass die winterlichen Bedingungen in Verbindung mit unzureichender Wasserversorgung und sanitären Einrichtungen voraussichtlich zu einem Anstieg akuter Atemwegsinfektionen führen werden. Laut WHO sind derzeit Tausende Familien „in tiefliegenden Küstengebieten oder mit Trümmern übersäten Gebieten ohne Entwässerungssysteme oder Schutzbarrieren untergebracht“.

Flüchtlinge und Pfarrer in Gaza Stadt ebenfalls betroffen

In Gaza-Stadt ist die Trinkwasserversorgung unzureichend. Dies stellt ein gravierendes Problem dar, so der Caritas-Leiter. Auf dem Gelände der Heiligen Familie, der einzigen katholischen Pfarrei im Gazastreifen, litten auch die Flüchtlinge wie viele ihrer Landsleute unter der mangelnden Infrastruktur. „Vor zehn Tagen erkrankte Pfarrer Romanelli schwer an einer Krankheit, die durch die unhygienischen Bedingungen verursacht wurde. Krankheiten breiten sich aus, und die eintreffende Hilfe ist unzureichend“, klagt Anton Asfar.

Die Waffenruhe hat zwar eine teilweise Lockerung der Einfuhrbeschränkungen für Waren und humanitäre Hilfe ermöglicht, doch es gibt nicht genügend Zelte für die gesamte Bevölkerung und auch nicht genügend Nahrungsmittel, während die Hungersnot in dem Gebiet anhält. Zwischen Juli und September des vergangenen Jahres wurde bei etwa 38 Prozent der von UNICEF und seinen Partnern untersuchten Schwangeren akute Mangelernährung diagnostiziert, die „verheerende Auswirkungen auf Tausende von Neugeborenen“ hat, warnt die UN-Organisation.

Medikamente vorhanden - aber am falschen Ort

Auch der Mangel an geeigneten Medikamenten ist kritisch. „Wir alle kämpfen darum, Medikamente, medizinische Hilfsgüter und andere Gesundheitsartikel nach Gaza zu bringen, und unsere Lager sind völlig überfüllt“, betont der Generalsekretär von Caritas Jerusalem, die weiterhin über ihre zahlreichen Hilfsstellen die erhaltenen Hilfsgüter verteilt. Man hofft auf die Öffnung neuer humanitärer Korridore.

Am Mittwoch, dem 10. Dezember, öffnete Israel nach mehr als zwei Monaten Schließung den Grenzübergang Allenby-Brücke, den wichtigsten Übergang zwischen dem Westjordanland und Jordanien, wieder für den Transit humanitärer Hilfe nach Gaza. Während sie auf die Tausenden von Lkw warten, die sie erhoffen, kämpfen die Menschen ums Überleben. „Aber wissen Sie, nach der Verkündung des Waffenstillstandsabkommens wurde den Menschen die Realität erst richtig bewusst – und die Bombardierungen gehen weiter. Wenn man auf dem Dach der Kirche der Heiligen Familie steht, sieht man die Panzer direkt vor sich. Ständig fallen Granatsplitter auf das Kirchengelände. Ich habe gerade gehört, dass jemand von einem kleinen Granatsplitter, wie einem Stein, am Bein getroffen wurde. Es ist zwar nichts Schlimmes, aber es passiert immer wieder. Deshalb sind die Menschen immer noch so besorgt. Was wird morgen geschehen?“

(vatican news – gs)

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15. Dezember 2025, 09:56