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Guillotine: Historischer Druck (Museum der Französischen Revolution, Vizille) Guillotine: Historischer Druck (Museum der Französischen Revolution, Vizille)  (musee de la revolution francaise Vizille)

Unser Buchtipp: „Der lange Schatten der Guillotine“

Es ist ein ungewöhnlicher Gedanke: Steht die Guillotine, die ab April 1792 in Paris auf grausige Weise zum Einsatz kam, für den Beginn der Moderne?

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Vor diesem Tötungsinstrument waren alle Verurteilten, egal aus welchem Stand sie kamen, gleich; ex negativo wurde hier also das Gleichheitsversprechen der Neuzeit vorexerziert. Pointiert formuliert: Auch ein Ludwig XVI. starb auf dieselbe Weise wie eine Marktfrau.

Mit ihrer furchtbaren Effizienz wies die Guillotine außerdem den Weg in die Zeit der Mechanisierung, der Industrialisierung, auch der – wie soll man das nennen – fabrikmäßigen Behandlung von Menschen. Was sich selbst als neue Ära von Wissenschaftlichkeit und ratio sah, geriet zu einer Epoche der Fragmentierung, der „Kopflosigkeit“.

Auftakt zu einer Epoche der Fragmentierung

Das macht László Földényi in seinem ausführlichen Essay „Der lange Schatten der Guillotine“ deutlich. Der ungarische Denker deutet vor allem das 19. Jahrhundert von der Guillotine her und legt ihre Spuren in Literatur und Fotografie, in Malerei oder Film frei. Noch im rabiaten Umbau von Paris glaubt er Nachwirkungen des „Rasiermessers der Nation“ zu erkennen: So wie das heruntersausende Eisen den Kopf vom Rumpf trennte, so zerschnitt Baron Haussmann rücksichtslos das gewachsene Gewebe der Stadt mit seinen einheitlich-gesichtslosen Boulevards.

Földényi geht assoziativ vor und belegt sein Unbehagen an der Moderne mit zahlreichen Details; kulturgeschichtliche Puzzleteile aus dem nachrevolutionären Paris setzen sich zu einem neuen und nuancierten Bild dessen zusammen, was im 19. Jahrhundert als Fortschrittsversprechen in die Welt kam.

Fortschritt ohne Kopf

Manche Beobachtungen, die er anführt, sind verblüffend – so hieß ein Kameraverschluss, der nur einen dünnen Lichtfaden durchließ, tatsächlich „Guillotine“. Földényi spricht von beschädigter Schönheit, vom Zerfall des Ganzen in seine Einzelteile in der menschlichen Wahrnehmung, ja von einem neuen Menschenbild. Ein kundiges und eigenwilliges Buch, das den Leser / die Leserin zum Nachdenken bringt.

László Földényi: Der lange Schatten der Guillotine – Lebensbilder aus dem Paris des neunzehnten Jahrhunderts. Verlag Matthes & Seitz, ca. 28 Euro.

(vatican news)
 

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10. März 2025, 09:39
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