Österreich: Caritas bietet ihre Expertise an
Sie sehe in den Vorhaben von ÖVP, SPÖ und Neos Anlass für vorsichtigen Optimismus. „Wir erkennen viele Maßnahmen, die in die richtige Richtung gehen, und werden in den kommenden Wochen genau darauf schauen, wie diese umgesetzt werden“, sagte sie. Die Caritas stehe bereit, ihre Erfahrung und Fachkompetenz einzubringen.
„Wir brauchen eine Politik, die entschlossen gegen Armut vorgeht, soziale Sicherheit stärkt und auch Klimagerechtigkeit sowie Friedensförderung mitdenkt.“ Dafür entscheidend sei auch die enge Einbindung von Zivilgesellschaft, Sozialorganisationen und NPOs. „Mit unserer Erfahrung und Expertise sind wir bereit, unseren Beitrag zu leisten, und freuen uns auf die Zusammenarbeit“, so die Caritas-Chefin.
Positives und Negatives im Asylbereich
Positives und Negatives ortet Tödtling-Musenbichler im Asylbereich. Sie begrüßte die im Regierungsprogramm geplanten Verbesserungen in der Grundversorgung sowie die Inflationsanpassung für Quartiergebende, ebenso das langfristige Bleiberecht für ukrainische Geflüchtete. Besorgt zeigt sich die Caritas hingegen über den auf Minimierung ausgerichteten Kurs in der Asylpolitik: Einen Asylantrag zu stellen, sei ein Menschenrecht. „Asylverfahren auf null zu reduzieren, ist weder realistisch noch mit internationalen Verpflichtungen vereinbar“, sagte die Caritas-Präsidentin. „Hier braucht es eine Politik, die rechtsstaatliche Prinzipien achtet und Menschen in Not den Schutz gewährt, den sie benötigen.“
Auch warnte Tödtling-Musenbichler vor übereilten politischen Maßnahmen nach dem islamistisch motivierten Anschlag in Villach, der sie „traurig und wütend“ gemacht habe. Pauschalverurteilungen einer ganzen Gruppe, wie zum Beispiel Syrerinnen und Syrern, seien jedoch verfehlt. „Und wenn wir dann parallel dazu ein Flüchtlingsquartier sperren oder die Menschen woanders hinbringen, was in keinem Zusammenhang mit dem Ereignis steht, schüren wir gerade etwas, was nicht sein soll.“ Statt bei Geflohenen das Gefühl zu schüren, sie seien in Österreich nicht willkommen und Menschen, die Deutsch lernen und arbeiten wollen, in Angst zu versetzen, sollten Betroffene „die Möglichkeit bekommen, hier anzukommen.“
Menschenrechte beachten
Anlasslose Überwachungen von Asylwerbenden - wie von Innenminister Gerhard Karner angekündigt -, sieht Tödtling-Musenbichler im Widerspruch zu den Menschenrechten. Dass junge Menschen vermehrt in sozialen Medien andocken oder Halt finden, führt Tödtling-Musenbichler auch auf Defizite in der heimischen Gesellschaft zurück.
Auch die Verknüpfung der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) mit migrationspolitischen Zielen sieht die Caritas-Präsidentin kritisch. „Entwicklungszusammenarbeit ist ein Instrument, um Armut zu lindern, Frieden zu fördern und Menschen Perspektiven zu geben. Sie darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob ein Staat Rückführungsabkommen unterzeichnet.“ EZA muss nach den Worten Tödtling-Musenbichlers bedarfsorientiert und nach politischen Interessen ausgerichtet werden.
„Nicht auf dem Rücken der Ärmsten“ sparen
An die neue Bundesregierung appellierte die Caritas-Präsidentin, „nicht auf dem Rücken der Ärmsten“ zu sparen. Kürzungen bei der Sozialhilfe würden etwa Armut noch verschärfen. Beim Klimabonus und bei der Bildungskarenz fände es die Sozialexpertin statt einer Abschaffung sinnvoller, beides zu evaluieren und treffsicher zu machen. Viele Alleinerzieherinnen würden die Bildungskarenz nützen, um den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu schaffen. Gleichzeitig gebe es aber einen Mangel an Kinderbetreuungsplätzen, der dringend behoben werden müsse.
Gerade Menschen, die von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen sind, bräuchten jetzt gezielte Maßnahmen, um wieder in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, forderte die Caritas-Präsidentin. Eine Kürzung beim Arbeitslosengeld sei hier „kein großer Anreiz“. Vielmehr gehe es darum, Menschen zu motivieren und ihre Teilhabe zu stärken. Für das AMS als Arbeitsvermittler forderte die Caritas-Präsidentin dringend mehr Geld, zumal ohnehin ein Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik notwendig sei.
Sorgen bereiten der Caritas auch Kürzungen in der globalen Entwicklungszusammenarbeit - vor allem jene der USA unter Präsident Donald Trump. Diese hätten enorme Auswirkungen auf die humanitäre Hilfe weltweit. „Ich glaube, das zeugt von wirklich fehlender Mitmenschlichkeit, vor allem von Weitsicht. Denn wenn wir jetzt kürzen, hat das enorme Auswirkungen in den nächsten Jahren: viele Millionen Menschen, die sterben werden, aber auch Hungerkrisen, andere Krisen und Wanderbewegungen.“
(kap – sk)
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