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Minderjährige Gewaltopfer, die in einer katholischen Schule der Hauptstadt vesorgt wurden (Archivbild 2022) Minderjährige Gewaltopfer, die in einer katholischen Schule der Hauptstadt vesorgt wurden (Archivbild 2022)  (AFP or licensors)

Haiti: Sicherheit für Wahlen und Wiederaufbau schaffen

Mit Blick auf die für 2026 angesetzten Wahlen rufen die katholischen Bischöfe zu Frieden, Sicherheit und politischem Wandel auf. Sie wenden sich an alle Bürger und Behörden, appellieren aber auch ans Ausland. Die humanitäre und Sicherheitslage in Haiti ist seit Jahren fatal, das Land braucht Unterstützung.

Anne Preckel und Roberto Paglialonga – Vatikanstadt

Angesichts der „offensichtlichen Grenzen der Institutionen“ in Haiti, der prekären Sicherheitslage und der Gewalt, die das Land zerfrisst, wenden sich die Bischöfe an alle Komponenten der Gesellschaft mit dem Aufruf, an einem positiven Wandel mitzuwirken. Es gelte sich dabei am Gemeinwohl zu orientieren und „über parteipolitische Interessen zu erheben“, so die Kirchenvertreter in einer am 8. Dezember veröffentlichten Weihnachtsbotschaft.

Wichtige Weichen zum Jahresbeginn 

Mit Blick auf die auslaufende Amtszeit des Präsidialen Übergangsrats (CPT), die am kommenden 7. Februar endet, warnen sie vor einem Sturz in weiteres Chaos: alle politischen Akteure sollten verfassungskonform handeln, mahnen die Bischöfe mit Verweis auf die haitianische Verfassung von 1987. Für die für März angesetzten Wahlen fordern die Bischöfe ein Klima der Sicherheit – nur dann könne der Urnengang „demokratisch, inklusiv und transparent“ verlaufen. Nationale Behörden wie internationale Partner sollten sich bemühen, entsprechende Bedingungen unverzüglich zu schaffen. Die zukünftige Landesführung rufen die Kirchenvertreter zu Integrität, Dienstbereitschaft und zum Mut zum Verzicht auf Privilegien auf. Haiti brauche Führungskräfte, die Korruption widerstünden, Manipulationen ablehnten und sich für das Gemeinwohl einsetzten.

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Ein Land im Aufruhr

Die Karibikinsel Haiti befindet sich fest im Griff krimineller Banden und erlebt einer der schlimmsten politischen und humanitären Krisen der letzten Jahrzehnte. Das ganze Land befinde sich „im Aufruhr“, berichtet Gabriele Regio von der italienischen NGO AVSI, die sich in Haiti mit Hilfsprogrammen für Gewaltopfer, Frauen und Kinder und für landwirtschaftliche Entwicklung stark macht.

Haiti habe schon lange mit Problemen zu kämpfen und Erdbeben und Cholera gesehen, erinnert Regio gegenüber Vatican News. Vor allem aber seit 2018 sei das Land in eine „schwere Krise“ abgerutscht, als die UNO-Mission zur Stabilisierung des Landes MINUSTAH (Mission des Nations Unies pour la stabilisation en Haïti) beendet wurde. Proteste brachten das Land im Anschluss praktisch zum Erliegen, samt aller wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Aktivitäten.

Als 2021 dann auch noch Präsident Jovenel Moïse ermordet wurde, war die politische Führung nachhaltig beeinträchtigt. „Seitdem haben wir in Haiti keinen Präsidenten mehr. Es gibt einen Premierminister mit sehr begrenzten Befugnissen und ein von der ,Carribean Community‘ (CARICOM) eingerichtetes Übergangsgremium, dessen Mitglieder sich praktisch innerhalb des Gremiums abwechseln und das Ziel haben, das Land zu stabilisieren und Wahlen zu organisieren“, so Regio. Angesichts der weit verbreiteten Gewalt im Land sei dies aber „sehr schwierig, vor allem in der Region Port-au-Prince, der Hauptstadt, die derzeit zu 90 Prozent von Banden kontrolliert wird, sodass auch die Ein- und Ausreise auf dem Landweg nicht möglich ist, sondern nur mit humanitären Flügen.“

Können die Wahlen überhaupt stattfinden?

De facto herrscht in Haiti Bürgerkrieg, auch in anderen Gegenden des Inselstaates ist die Sicherheitslage außer Kontrolle. Das erschwert auch die Arbeit von Hilfsorganisationen, wie der AVSI-Vertreter bestätigt. Die AVSI-NGO sei dennoch heute weiter in Konfliktgemeinden präsent und führe Schutzprojekte für Gewalt-Überlebende und Ernährungsprojekte für unterernährte Kinder durch, so der Projektleiter.

Mit Blick auf die angekündigten Präsidentschaftswahlen, die für März 2026 angesetzt sind, äußert sich Gabriele Regio vorsichtig. Solche Wahlen seien nicht das erste Mal geplant, was die Zukunft bringe, sei schwer vorherzusagen. Er persönlich zweifle daran, dass die aktuelle Lage demokratische Wahlen erlaube, es fehle die dafür notwendige Stabilität.

Sollen bei Befriedung helfen: UNO-Truppen, die aufgestockt wurden
Sollen bei Befriedung helfen: UNO-Truppen, die aufgestockt wurden

Sicherheit mit UNO als erster Schritt

Hoffnung setzt der Helfer in die Aufstockung von Einsatzkräften der UNO im Land, die der Sicherheitsrat jüngst beschlossen hat. Eine neue Einheit mit rund 5.500 Soldaten soll demnach die bisherige multinationale Schutzmission unter kenianischer Führung ablösen, deren Mandat im Oktober auslief. Für die bisherige Truppe sei „nur eine sehr begrenzte Anzahl von Soldaten entsandt worden“, so Regio. Dadurch sei es zwar gelungen, „die Angriffe der Banden in bestimmten Gebieten oder an bestimmten sensiblen Punkten der Hauptstadt einzudämmen, aber natürlich war die Zahl der entsandten Soldaten sehr gering“. Hier gelte es nachzulegen, um zunächst einmal mehr Sicherheit in Haiti zu schaffen.

Langfristig brauche es dann internationale Unterstützung beim institutionellen Aufbau einer neuen Regierung in Haiti und bei der Ausarbeitung „langfristiger staatlicher Entwicklungsprogramme“, so Regio weiter, der für mehr internationale Aufmerksamkeit für Haiti plädiert. Es bedürfe einer langfristigen Vision, denn ein neuer Präsident könne in den nächsten Jahren schwer alleine alle Probleme lösen.

AVSI ist eine 1972 von der katholischen Bewegung „Comunione e Liberazione“ in Italien gegründete gemeinnützige Nichtregierungsorganisation. In Haiti war AVSI seit 1999 zunächst mit Bildungsprojekten präsent, heute führt die NGO auch Schutz- und Ernährungsprojekte sowie landwirtschaftliche Initiativen durch. Dabei kooperiert sie mit lokalen Behörden.

(vatican news – pr)

 

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09. Dezember 2025, 12:10