USA: Ordensfrauen vergeben dem Mörder ihrer Mitschwester
Daniel Pitcher verbüßt demnach eine lebenslange Haftstrafe in einem Gefängnis im US-Bundesstaat Ohio. Er hatte im März 1995 die damals 59-jährige Ursulinen-Schwester Joanne Marie Mascha in einem Waldstück vergewaltigt und getötet. In seinem Schreiben vom September 2024 an die Schwestern drückte Pitcher seine Reue aus: „Ich war ein verängstigter Junge, der nicht um Hilfe gebeten hat. Es tut mir wirklich leid, dass ich sie getötet habe.“
Die Schwestern unter ihrer Oberin Laura Bregar berieten untereinander und sprachen auch mit Maschas Familie, bevor sie Pitcher eine Antwort sandten. Darin heißt es: „Wir nehmen Ihre Entschuldigung an. Wir bitten Sie, Ihre Bitte um Vergebung dadurch zu leben, dass Sie ein Mensch des Guten, des Friedens und der Freundlichkeit sind.“ Die Ursulinen betonten, dass Mascha eine friedliebende Frau gewesen sei, die sich für Gerechtigkeit und Gewaltlosigkeit einsetzte. Zudem versicherten sie dem Mörder, weiterhin für ihn zu beten.
Pitcher, der zum Zeitpunkt der Ermordung von Mascha 21 Jahre alt war, galt als seelisch beeinträchtigt. Er hatte als Kind Missbrauch erlebt und Jahre in einem Pflegeheim verbracht. Sein Brief an die Schwestern 30 Jahre nach der Tat zeige, warum die Todesstrafe abgeschafft werden müsse, erklärte die Oberin: „Ich bin zutiefst dankbar, dass Daniel noch lebt und in der Lage ist, sich zu äußern.“
Die Vergebungsbitte des Mörders habe aber auch die Gemeinschaft und die Schwestern auf einen Weg der Heilung geführt. „Das Leben hat mich gelehrt, dass es meine Seele ruiniert, wenn ich nicht vergebe. Es ist verheerend für mich“, so Brega. „Die Erfahrung zu machen, dass einem vergeben wird, ist lebensverändernd. Wenn einem also vergeben wurde, muss man das dann nicht auch zurückgeben?“
Die Frage der Vergebung war für die Gemeinschaft lange ein Thema gewesen. Schon vor vielen Jahren hatten sich die Ursulinen dafür entschieden, die Todesstrafe für Pitcher nicht zu fordern. Sie informierten Mitschwestern weltweit und überschwemmten die zuständige Staatsanwaltschaft in Ohio mit Briefen und Faxen, um das Todesurteil zu verhindern. „Wir haben ihre Faxgeräte verstopft, ihre Telefone blockiert, ihre Briefkästen waren voll. Sie baten uns, es zu stoppen“, sagte die damalige Oberin Maureen McCarthy. Letztlich verhängte das Gericht für Pitcher eine lebenslange Haftstrafe mit Möglichkeit auf Bewährung nach 50 Jahren.
Mit neuem Engagement gegen die Todesstrafe
Der Brief des verurteilten Mörders brachte die Schwestern auch dazu, ihr zwischenzeitlich verblasstes Engagement zur Abschaffung der Todesstrafe wieder zu intensivieren. Die Ursulinen arbeiten nun mit einer katholischen NGO namens „Catholic Mobilizing Network“ auf nationaler Ebene zusammen und drängen die Behörden dazu, die Praxis zu verbieten. Ohio gehört zu den Bundesstaaten, die Exekutionen zwar durchführen, aber mehrfach Hinrichtungen gestoppt haben, weil die für die tödlichen Injektionen verwendeten Medikamente nicht verfügbar waren.
Der Brief von Daniel Pitcher und die Antwort der Gemeinschaft seien „aus Gründen“ geschehen, zitiert der „Global Sisters Report“ eine der Schwestern. „Uns wurde klar, dass man die Zeichen der Zeit lesen muss. Die Zeichen sagen uns, dass dies der Moment ist, in dem wir wieder aktiv werden müssen.“
(global sisters report – gs)
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