Ost-Kongo: Humanitäre Notlage spitzt sich zu
Die Vereinten Nationen hatten bereits zuvor einen Rückzug der „auswärtigen Kräfte“ gefordert. Augenzeugenberichten zufolge sind die Grenzen zu Ruanda mittlerweile geschlossen, nur einige Mitarbeiter der Vereinten Nationen mit ihren Familien konnten evakuiert werden.
Die M-23-Offensive begann am vergangenen Donnerstag mit der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Sake, nahe Goma. Zudem haben die militärisch gut ausgerüsteten Milizen erste Orte in der benachbarten Provinz Süd-Kivu erobert. Misereor-Partnerorganisationen in Goma haben von heftigen Kämpfen zwischen den M23-Milizen und der kongolesischen Armee (FARDC) berichtet. Die FARDC hat sich mittlerweile zurückgezogen, der Flughafen von Goma ist geschlossen; auch humanitäre Flüge oder Flüge zur Evakuierung von internationalem Personal sind derzeit nicht möglich. Medienberichten zufolge habe es Tote gegeben, während rund 3.000 Häftlinge aus dem Gefängnis der Stadt entkommen sind, das mittlerweile in Schutt und Asche liegt.
Wie uns in einem Interview am Samstag der Bischof von Goma, Willy Ngumbi, berichtete, sei die Angst in der Stadt in den vergangenen Tagen immer weiter angestiegen. Zahlreiche Flüchtlinge hätten in Goma Schutz gesucht, während die Frontlinie immer näher rückte. Auch die humanitäre Situation verschlechtere sich aufgrund mangelnder Zufuhr der Güter.
„Die aktuelle Situation in und rund um Goma ist chaotisch!“, berichtet Astrid Meyer, Misereor-Expertin für die Demokratische Republik Kongo, am Montag. „Unsere Partnerorganisationen in Goma berichten von Verzweiflung und Panik unter der Bevölkerung. Viele unserer Partner müssen ihre Aktivitäten aufgrund des Gewaltausbruchs und der sich nähernden Kämpfe einstellen. Internationales Personal wurde evakuiert, dringend benötigte Hilfe wurde eingestellt“, erklärt Meyer.
Goma im Ausnahmezustand
Seit Jahresbeginn seien über 400.000 Menschen im Nord- und Süd-Kivu vor den Kämpfen geflohen, insgesamt seien in Nord-Kivu 2,8 Millionen Menschen auf der Flucht, erinnert Misereor. Nach der Einnahme der Stadt Sake am vergangenen Donnerstag hätten sich weitere Flüchtlinge auf den Weg in das völlig überfüllte Goma gemacht, welches sich aufgrund der Besetzung der Stadt in einer dramatischen Situation befinde: „Die Strom- und Wasserversorgung in Goma ist aufgrund der Kämpfe zusammengebrochen, das Telefonnetz funktioniert nicht mehr. Das Leben der Menschen ist akut in Gefahr“, berichtet Gilbert Dhego, Leiter der Partnerorganisation Caritas-Goma.
Gewalt mit gezielten Sanktionen stoppen
„Ruandas aggressives Vorgehen im Ost-Kongo muss in aller Deutlichkeit verurteilt und mit allen politischen Mitteln sanktioniert werden. Die Menschen im Osten des Kongos fühlen sich mehr denn je allein gelassen – sowohl von der eigenen Regierung wie auch von der internationalen Gemeinschaft“, so Meyer. „Auch von Deutschland und Europa erhoffen sich die Menschen mehr Intervention und Hilfe. Gemeinsam mit unseren kongolesischen Partnerorganisationen fordert Misereor die Bundesregierung auf, alle politischen Hebel in Bewegung zu setzen, um die Offensive der M23-Milizen zu stoppen und einen Waffensillstand zu erreichen. Die politisch Verantwortlichen in Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo müssen dringend zu Verhandlungen aufgefordert werden.“
Langjähriger Konflikt in Grenzregion
Die Situation in dem krisengebeutelten Osten des Landes hat sich mit dem Erstarken der M23-Milizen seit November 2022 zugespitzt. Die M23-Milizen kämpfen gegen die kongolesische Armee und haben wichtige Rohstoffgebiete in der Provinz Nord-Kivu unter ihre Kontrolle gebracht und Parallelstrukturen aufgebaut. Laut UN-Berichten werden die M23-Milizen von Ruanda aus finanziert und organisiert.
Der von Angola koordinierte Friedensdialog zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda ist gescheitert. Nun hat sich Kenia angeboten, als Vermittler zwischen den Präsidenten der beiden Länder zu fungieren. Noch innerhalb der nächsten 48 Stunden, genauer am Mittwoch, könnten sich Kongos Präsident Félix Tshisekedi und Ruandas Präsident Paul Kagame treffen, hieß es bei Reuters.
(pm/agenturen/vatican news – cs)
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