Italien: Neue Richtlinien zur Priesterausbildung
Die Leitlinien traten am 9. Januar in Kraft und gelten vorläufig zunächst drei Jahre. Sie ersetzen eine Version von 2006 und wurden laut Mitteilung vom Vatikan genehmigt.
Keine Engführung auf homosexuelle Neigungen
Aus den Bestimmungen ist unter anderem zu entnehmen, dass die italienischen Bischöfe die bisherigen Regeln zur Priesterausbildung im Bereich der sexuellen Orientierung weiter gefasst haben. „Wenn im Ausbildungsprozess von homosexuellen Neigungen die Rede ist, ist es auch angebracht, die Unterscheidung nicht nur auf diesen Aspekt zu beschränken, sondern wie bei jedem Kandidaten seine Bedeutung im Gesamtrahmen der Persönlichkeit des jungen Menschen zu erfassen.“ Ob dies bedeutet, dass homosexuelle Männer in Italien nicht mehr grundsätzlich vom Priesteramt ausgeschlossen sind, muss sich wohl noch zeigen. Gelebte Sexualität jedenfalls ist homosexuellen Seminaristen wie auch heterosexuellen Seminaristen weiterhin nicht gestattet. Ziel der Ausbildung im affektiv-sexuellen Bereich des Priesteramtskandidaten sei „die Fähigkeit, die Keuschheit im Zölibat als Geschenk anzunehmen, frei zu wählen und verantwortungsvoll zu leben“, heißt es in den Richtlinien der italienischen Bischöfe.
In den 2016 vom Vatikan veröffentlichten Richtlinien hieß es, „praktizierende Homosexuelle" seien ebenso wie Männer, die „tiefsitzende homosexuelle Tendenzen haben oder eine sogenannte homosexuelle Kultur unterstützen“, grundsätzlich von der Priesterausbildung ausgeschlossen.
Begleitung und reifer Umgang mit eigener Sexualität
In der mehrjährigen Ausbildung müsse die Begleitung und Reifung der persönlichen Sexualität eine wichtige Rolle spielen, führen die Bischöfe in den neuen Richtlinien weiter aus. „Der gegenwärtige soziokulturelle Kontext mit seinen Widersprüchen und Ambivalenzen bietet besondere Möglichkeiten für ein authentischeres Wachstum in diesem Bereich.“ Die Freiheit, mit der diese Themen heute angegangen würden, bilde eine gute Voraussetzung, dass die Priesteramtskandidaten zu immer größerer menschlicher, psychischer und spiritueller Reife gelangen könnten. Die Bischöfe werben für offene Diskussionen in den Ausbildungskursen. Einem Kandidaten müsse es ermöglicht werden, „sich seiner selbst, seiner Persönlichkeit und aller Teile, die zu ihrer Definition beitragen, einschließlich seiner Sexualität und seiner Orientierung, immer bewusster zu werden, um sie zu integrieren und mit ausreichender Freiheit und Gelassenheit zu handhaben“.
Missbrauchsprävention
Das Thema des Missbrauchs könne „nicht allein auf juristischer Ebene angegangen werden, indem man die Frage an den Juristen delegiert und alle Aufmerksamkeit auf die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortung und die mögliche Sanktion richtet“, hebt das Dokument hervor. Neben einer juristischen Aufarbeitung brauche es ein Verständnis für die Vorgeschichte, Ursachen und den „individuellen und sozialen, gemeinschaftlichen und kirchlichen Kontext“ des Missbrauchs. In der Priesterausbildung sollten deshalb nationale Kinderschutzstandards Berücksichtigung finden. Besondere Aufmerksamkeit solle bei der Auswahl von Priesteramtskandidaten hinsichtlich deren Vorgeschichte gelten: sie dürften „in keiner Weise in Verbrechen oder problematische Situationen in diesem Bereich verwickelt“ gewesen sein.
Weitere Schwerpunkte des Dokumentes gelten der Zusammenarbeit mit Fachleuten bei der Priesterausbildung, dem Umgang mit jungen Leuten, die das Priesterseminar aus verschiedenen Gründen wieder verlassen, und dem Gebrauch von Social Media.
(vatican news – pr)
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