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Teilnehmer an der Konferenz "Artificial Intelligence, Justice, and Democracy" in der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften (Foto: Gabriella C. Marino/PASS) Teilnehmer an der Konferenz "Artificial Intelligence, Justice, and Democracy" in der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften (Foto: Gabriella C. Marino/PASS) 

Vatikan: Experten diskutieren über KI-Einsatz in Rechtsprechung

Was für Auswirkungen hätte der Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Rechtsprechung, welche Chancen und Risiken birgt er und wie muss er geregelt werden? Mit derartigen Fragen hat sich dieser Tage eine hochkarätig besetzte Konferenz in den vatikanischen Gärten beschäftigt. Unter den Teilnehmern waren besonders viele Richter und Richterinnen aus Lateinamerika.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Die Juristen sind in dem 2023 von Papst Franziskus als internationale Laienvereinigung anerkannten Gremium COPAJU (Comité Panamericano de Juezas y Juezes por los Derechos Socialies y la Doctrina Franciscana) zusammengeschlossen. Am Dienstag und Mittwoch trafen sie sich in der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften, um über den Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf Rechtsprechung und Demokratie zu sprechen. Unter den Relatoren und Moderatoren der Veranstaltung waren auch zwei Deutsche: Paul Nemitz, Chefberater der EU in Fragen der Künstlichen Intelligenz und Verbraucherschutz, sowie Christoph Engel, seines Zeichens Mitglied der Päpstlichen Akademie und Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn.

Die Arbeiten in der Casina Pio IV im Vatikan (Foto: Gabriella C. Marino/PASS)
Die Arbeiten in der Casina Pio IV im Vatikan (Foto: Gabriella C. Marino/PASS)
Hier zum Nachhören

KI in der richterlichen Arbeit

„Es geht hier zunächst einmal um die Anwendung der künstlichen Intelligenz in der Justiz“, erläutert Paul Nemitz am Rand der Konferenz gegenüber Radio Vatikan. Wie künstliche Intelligenz auch in der Arbeit eines Richters eingesetzt werden könnte, sei ein überaus aktuelles Thema, bei dem auch gewisse Sorgen aufkämen, so Nemitz:

„Also, welche Arbeiten an einem Gericht oder eines Richters sind vorbereitende Arbeiten, die vielleicht eines Tages auch durch unterstützende künstliche Intelligenz erledigt werden können, wie zum Beispiel die Suche von Präzedenzfällen, andererseits aber auch, welche Arbeiten eines Richters niemals der künstlichen Intelligenz überlassen werden können, also zum Beispiel die Strafzumessung im Prozess. Das sind Fragen, die hier im Mittelpunkt stehen und die für die Grundrechte der Menschen natürlich große praktische Relevanz haben. Denn was vor Gericht passiert, das greift tief ein in die Rechte jedes Einzelnen.“

Umso größer auch die Sorge vor einem ungehemmten und unsachgemäßen Einsatz künstlicher Intelligenz in der richterlichen Arbeit, insbesondere mit Blick auf eventuelle einseitige Programmierung der Algorithmen oder die mögliche Verstärkung von Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft: „Das heißt, wir sehen hier schon, dass in Südamerika darüber sehr kritisch nachgedacht wird. Und ich glaube, vieles von dem, was der Papst beim G7-Gipfel im Juni 2024 in Italien gesagt hat, aber auch später, fließt in die Arbeiten derjenigen ein, die künstliche Intelligenz in Südamerika sozusagen für die Praxis bereit machen wollen.“

Konkretisierung erwünscht

Großen Raum habe auch die Rezeption der jüngst herausgegebenen Vatikannote zu künstlicher Intelligenz Antiqua et Nova in den Diskussionen eingenommen, berichtet Nemitz weiter:

„Ich glaube, sie gibt klarere Orientierung als viele andere vorherige Texte zur Ethik der künstlichen Intelligenz. Das ist sicher ein Fortschritt in der Konkretisierung, und darum geht es. Es geht darum, jetzt die ethischen Prinzipien zu konkretisieren. Und womöglich dort, wo die politischen Mehrheiten dafür existieren, auch in Recht zu überführen.“

Paul Nemitz
Paul Nemitz

Am Dienstag hatte der Experte bei dem Treffen einen Vortrag über KI-Sicherheit in der Europäischen Union gehalten. „Inspirierende Beispiele“ für eine solche denkbare Überführung in Internationales Recht gäben Einrichtungen wie die Atomenergie-Behörde und andere internationale Behörden in den verschiedensten Sektoren, so Nemitz weiter. 

EU-Regulation im Einklang mit Vatikanhaltung

„Aber das ist ein Prozess auf der Ebene der Vereinten Nationen, der zum Zwecke der Konsensbildung noch lange dauern wird“, räumt der Experte ein, der selbst an der europäischen Richtlinie zur Künstlichen Intelligenz „AI Act“ maßgeblich mitgewirkt hat. Dieses KI-Gesetz vom Juni 2024 ist der weltweit erste internationale Rechtsrahmen zum Einsatz und der Schaffung von Künstlicher Intelligenz. Ziel ist es, zu gewährleisten, dass KI-Systeme die Grundrechte, die Sicherheit und ethische Grundsätze achten. Bei dieser aktuellen Tagung im Vatikan sei es nun darum gegangen, mit den Richtern aus Übersee gemeinsame Prinzipien zu entwickeln, so Nemitz.

„Die knappste Ressource heute ist ja der Wille und die Fähigkeit, sich über irgendwas zu einigen“

„Die knappste Ressource heute ist ja der Wille und die Fähigkeit, sich über irgendwas zu einigen. Und ich habe den Eindruck, dass hier die Vertreter der verschiedenen Länder aus Südamerika doch sehr nah an dem dran sind, was wir hier in Europa gemacht haben mit der KI Regulierung. Und übrigens, diese gesetzliche Regelung wiederum ist eigentlich auch sehr nah an dem, was wir vom Vatikan hören. Insofern ist die Arbeit hier doch sehr konsensuell gewesen und ich bin sicher, dass die Teilnehmer hier inspiriert nach Hause gehen und diese Orientierung auch mitnehmen.“

KI in aufstrebenden Nationen

Wie vielfältig die Blickwinkel waren, unter denen das Thema der Künstlichen Intelligenz bei der Tagung im Vatikan beleuchtet wurden, zeigt ein Blick in das Programmheft. Von den Auswirkungen Künstlicher Intelligenz auf den öffentlichen Dienst und die Rechtsprechung, über die damit verbundenen Chancen und Risiken für den Arbeitsmarkt, die Gesellschaft und die Demokratie als ganze, bis hin zur Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung durch Künstliche Intelligenz - und darüber hinaus - waren die Themen gefächert. Eine der Diskussionsrunden leitete der Deutsche Christoph Engel. Dabei ging es um den Aufbau von KI-bezogener Kompetenz für aufstrebende Nationen und Demokratien im Umbruch.

„Welche Chancen und welche Gefahren gibt es für die Entwicklung der Länder? Es geht also nicht nur um ihre demokratische Verfassung, sondern erst einmal darum, dass sie nicht ewig am hinteren Ende bleiben, sondern eine Chance haben, deutlich nach vorne zu kommen. Und meine Überzeugung wäre: Das ist eine großartige Chance für die Entwicklungsländer. Wenn sie es richtig machen, können sie vielleicht die anderen nicht überholen, aber jedenfalls deutlich schneller aufholen, als sie das ohne diese Techniken gekonnt hätte.“

Christoph Engel und PASS-Präsidentin Sr. Helen Alford im Gespräch (Foto: Gabriella C. Marino/PASS).
Christoph Engel und PASS-Präsidentin Sr. Helen Alford im Gespräch (Foto: Gabriella C. Marino/PASS).

Dass die Teilnehmer vornehmlich katholische Richter vom lateinamerikanischen Kontinent seien, habe zweierlei Folgen:

„Das Gute daran ist, sie sind alle sehr sorgsam darauf bedacht, dass die ethischen Belange und die christliche Perspektive nicht untergehen. Es sind doch alles gläubige Christen. Das ist richtig und wichtig. Man braucht aber natürlich auch die unternehmerische Seite. Und die ist im Moment in dem Teil des Panels nicht ganz so ausgeprägt. Wir haben ein paar Unternehmer, aber weniger als der ganzen Sache gutgetan hätten.“

Den Blick für die wahren Probleme schärfen

Es gehe vor allem darum, die KI-Problematik in den Diskurs einzuspeisen, darauf aufmerksam zu machen und die Menschen zum Nachdenken zu bringen, indem man auch Entwicklungen anspreche, die generell nicht im Fokus stünden, so der Professor, der auch Mitglied der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften ist.

„Ein Beispiel: Es war sehr viel die Rede davon, dass Routinearbeiten verloren gehen könnten. Aber das ist ein Problem von vorgestern. Das Problem, um das wir uns aktuell kümmern sollten, ist, dass die qualifiziertesten Jobs dabei sind, verloren zu gehen und dass es einen Umbau der Gesellschaft brauchen wird, damit nicht am Ende nur noch ein paar Industrien das ganze Land betreiben. Aber da fehlt so ein bisschen die Aufmerksamkeit für die Stelle, wo die Probleme wahrscheinlich wirklich sind.“ Er hoffe jedenfalls, dass es auch dank der aktuellen Arbeiten gelingen werde, den Blick auf diese Problematik zu weiten, so Engel bei der Vatikan-Tagung zu den Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Demokratie und Rechtsprechung.

(vatican news)

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