Gedenken an Benedikt XVI.: In Ewigkeit von Gott geliebt sein
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
„Ich habe Joseph Ratzinger, Benedikt XVI., als einen sehr demütigen Menschen erlebt, der ganz auf den anderen zugeht und hört, was der andere sagt,“ erinnert sich Kardinal Koch, Ökumene-Verantwortlicher des Vatikans, im Interview mit Radio Vatikan. „Er war ein sehr liebenswürdiger Mensch. Wenn man ihm in die Augen geschaut hat, hat man gesehen, dass da viel inneres Licht da ist. Und für ihn war es ja immer sehr wichtig, dass das Christsein auf dem Menschsein ruht. Und das war für ihn eigentlich eine Einheit. Christsein heißt, neu Menschsein zu lernen. Und dafür war er ein hervorragendes Beispiel.“
Die Zentralität der Frage nach Gott
Papst Benedikt habe selbst einmal gesagt, dass er sich dessen bewusst gewesen sei, dass er kein langes Pontifikat vor sich haben werde, keine großen Projekte in die Wege leiten könne; dass sein Anliegen, seine Sendung darin bestanden habe, den Glauben wieder in die Mitte der Kirche zu rücken, so der Schweizer Kardinal weiter, der 2010 vom damaligen Papst Benedikt XVI. zum Präsidenten des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen ernannt wurde.
„Für ihn war ja die Frage nach Gott zentral. Die Zentralität der Gottesfrage war der innere Kern seines ganzen Wirkens, aber nicht irgendeines Gottes, eines höchsten Wesens im Himmel, sondern jener Gott, der nicht stumm ist, sondern spricht, der zu seinem Volk Israel gesprochen hat und vor allem sein Gesicht gezeigt hat in Jesus von Nazareth, in Jesus Christus. Ich glaube, die Zentralität der Frage nach Gott und die Christozentrik: das ist der innere Kern, der auch ganz gewiss bleiben wird.“
Die christliche Hoffnung
Mit Blick auf das gerade erst begonnene Heilige Jahr der Hoffnung würdigt Kardinal Koch Spe salvi, die Enzyklika, die Benedikt dem Thema der christlichen Hoffnung gewidmet hat.
„Ein wunderbarer Text, der uns zeigt: Hoffnung kann nur ein Mensch haben, der sich selbst nicht allzu wichtig nimmt. Er selbst hat das mal so ausgedrückt: Wenn wir uns leichter nehmen würden, könnten wir fliegen wie die Engel und wie die Vögel. Aber wir nehmen uns manchmal so schwer, dass wir ganz oft auf der Erde verhaftet sind. Hoffen kann man nur, wenn man sein Leben auf Gott ausrichtet. Und deshalb zeigt er uns, was der innere Sinn des Heiligen Jahres ist. Das wird sichtbar mit der Türe, der Porta, das Sinnbild für Jesus Christus. Nur durch ihn hindurch kommen wir zur Heiligkeit, und ich hoffe, dass dieses Heilige Jahr die Menschen befähigen wird, ihre Heiligkeit, die sie in der Taufe versprochen haben, zu finden.“
Ein Christ und ein Vater
Auch Prof. Ralph Weimann, Mitglied des Ratzinger Schülerkreises, beschreibt, wie sehr er als Mensch und als Priester von Benedikt geprägt worden ist:
„Papst Benedikt war für mich vor allem ein Christ. Das sagt man so leicht daher. Aber nicht immer stimmt es. Ein Christ ist nämlich jemand, der Jesus Christus angezogen hat. Und dafür stand Papst Benedikt, Joseph Ratzinger. Er ist Christus gefolgt mit seiner Wahrheit und hat davon Zeugnis abgelegt. Und das hat sich bei mir tief ins Herz eingeprägt, und dafür bin ich ihm sehr dankbar. So war er für mich wie ein Vater, aber vor allem ein Christ. Mit uns ein Christ, für uns ein Vater.“
Georg Gänswein: In Gedanken in Rom
Der langjährige Privatsekretär Benedikts, Erzbischof Georg Gänswein, konnte dieses Jahr bei der Gedenkfeier in Rom leider nicht mit dabei sein. Seit Sommer ist er Apostolischer Nuntius für die baltischen Staaten mit Sitz in Vilnius. In Gedanken war er an diesem Silvestertag aber in Rom.
Mit der Entfernung wächst die innere Nähe...
„Ja, es ist das zweite Jahr, dass ich Weihnachten ohne Papst Benedikt erlebe“, so Gänswein im Gespräch mit Radio Vatikan. „Je weiter ich geografisch von zu Hause, von Rom weg bin, desto größer wächst die innere Nähe. Natürlich spüre ich Trauer. Aber ich spüre auch eine innere Hoffnung und einen Dank für all die Zeit, die ich mit ihm und bei ihm sein durfte. Insofern ist Weihnachten dieses Jahr etwas ganz anderes gewesen als die anderen Jahre. Aber es ist Weihnachten, und ich weiß, dass die Hilfe von Benedikt mir geschenkt ist.“
Auch er erinnert an die Enzyklika Benedikts über die christliche Hoffnung, der in diesem Heiligen Jahr eine ganz besondere Bedeutung zukommt:
„Spe salvi ist eine Enzyklika, die die menschliche Hoffnung vor allem auf Gott hin ausrichtet. Und es ist letztlich Gott selbst, der diese Hoffnung begründet. In ihm ist das Fundament und das Ziel dieser Hoffnung. Für mich ist die Enzyklika und damit die Hoffnung oft zum Anker in meinem eigenen Leben geworden, zum Anker, aber auch zum Ziel meines Lebens. Die Hoffnung hilft mir, Schwieriges, Notvolles durchzustehen, die Augen nach vorne zu richten auf das Ziel meines Lebens hin, auf die Hoffnung, die in Gott begründet ist.“
Aus Litauen, seiner neuen Wirkungsstätte, sendet der Erzbischof folgende Grüße für das Heilige Jahr:
„Allen Hörern von Radio Vatikan wünsche ich für das neue Heilige Jahr, das ja unter dem Motto steht: Die Hoffnung und die Pilgerschaft, dass wir als Menschen Pilger der Hoffnung sind und diese Formel nicht nur sehen, sondern dass wir aus diesem Geheimnis auch leben. Gottes reichen Segen für das neue Jahr des Heils 2025.“
(vaticannews – skr)
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