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D: Passauer Missbrauchsstudie veröffentlicht

154 Beschuldigte oder überführte Täter, mindestens 672 Betroffene: Das ist das Ergebnis einer Studie zu sexuellem Missbrauch durch Geistliche im Bistum Passau in den Jahren 1945 bis 2022.

Die Studie, die in dreijähriger Arbeit von einem Team an der Uni Passau erstellt worden ist, wurde an diesem Montag veröffentlicht. Verantwortlich zeichnet der Historiker Marc von Knorring, der dafür viele Interviews geführt und Einsicht in über 2.000 Personalakten genommen hat. Er macht für die bedrückenden Missbrauchsfälle nicht nur die Täter verantwortlich, sondern auch „Denk- und Handlungsweisen innerhalb des Systems Kirche“.

„Die Studie von Prof. von Knorring und seinem Team ist für mich und für uns als Kirche schmerzhaft und heilsam zugleich.“ So reagierte an diesem Montag der Passauer Bischof Stefan Oster.

„Schmerzhaft, weil sie detailliert und ohne Schonung nachweist, wie häufig in den Jahrzehnten nach dem letzten Krieg Missbrauch vorgekommen ist – und wie er zugleich bagatellisiert und vertuscht worden ist. Verantwortliche der Kiche wollten sich und das Ansehen ihrer Institution schützen, wollten gnädig mit Tätern sein und waren vor allem blind für betroffene Kinder und Jugendliche. Das ist der größte Skandal – und er wurde auch noch gestützt (das zeigt die Studie ganz eindringlich) durch ein kirchliches und gesellschaftliches Milieu, in dem solches Geschehen nicht geglaubt oder tabuisiert wurde.“

Bischof Oster
Bischof Oster

„Schmerzhaft und heilsam zugleich“

Die Studie spricht von Mitwissern, die den Mund hielten und sich in manchen Fällen sogar auf die Seite des Täters schlugen: Eltern, Pfarrhaushälterinnen, Politiker, Pfarrei-Angehörige. Sie sorgten nicht selten für ein Klima, das Betroffene entmutigte und allein dastehen ließ.

„Ein starkes Kapitel der Studie spricht von den so genannten Bystandern, von Mitwissern also oder von Menschen, die etwas wahrgenommen hatten, sich aber aus vielerlei Gründen nicht aus der Deckung trauten oder mit Beschuldigten solidarisiert haben. Durch Kulturen des Schweigens, durch die Überhöhung des Priesters und durch Missachtung des Leids von Betroffenen haben nachweislich mindestens 700 Menschen oft unsägliches Leid erlitten mit Folgen, die oft ein Leben lang anhalten. Beschuldigte und Täter waren laut Studie 154 Welt- oder Ordenspriester.“


Bohrende Fragen

Auch der Vorsitzende der Aufarbeitungskommission, Guido Pollak, beschäftigte sich in einer Stellungnahme zu der Studie mit den sogenannten „Bystandern“. Das seien über einen langen Zeitraum hinweg sogar Richter, Staatsanwälte oder Jugendämter gewesen, so der Erziehungswissenschaftler; man dürfe nicht das gesellschaftliche Umfeld außer acht lassen, in dem sich kirchliche Akteure bewegt hätten. Auch was die Rolle des Bischofs betrifft, ergäben sich aus der Studie bohrende Fragen. Auch Oster müsse sich fragen lassen, ob er seine Machtausübung „öffentlicher Transparenz und unabhängiger Kontrolle unterwirft“. Die Studie bescheinigt dem Bistum allerdings, ab 2010 immer mehr an Prävention und Aufklärung geleistet zu haben.

„Ich kann nur einmal mehr voll Scham bekennen, dass verantwortliche Personen bei diesem Thema in der Kirche massiv versagt haben. Ich kann auch heute wieder nur im Rückblick mit großer Hilflosigkeit um Verzeihung bitten, weil vieles einfach nicht wieder gut zu machen ist.“

Die Passauer Missbrauchsstudie ist auf der Internetseite der Universität Passau einsehbar.

(vatican news – sk)
 

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08. Dezember 2025, 10:09