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In den Ruinen von Aleppo In den Ruinen von Aleppo 

D/Syrien: Für eine sachliche Rückkehr-Debatte

Ein Jahr nach dem Zusammenbruch des Assad-Regimes bleibt die Sicherheitslage in Syrien instabil.

Darauf weisen kirchliche Hilfswerke aus Deutschland an diesem Wochenende hin. Sieben Millionen Menschen seien weiterhin innerhalb von Syrien vertrieben. Es mangle an ausreichend Wohnraum und angemessener Unterstützung.

„Der internationale Plan für humanitäre Hilfe in Syrien für das Jahr 2025 war Anfang Dezember erst zu 30 Prozent finanziert“, so die evangelischen Hilfswerke Diakonie Deutschland, Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe. „Dennoch werden in Deutschland immer wieder Forderungen nach möglichen Rückführungen von syrischen Geflüchteten laut.“ Die Hilfswerke fordern eine sachliche und faktenbasierte Debatte. „Der Schutz und die Unterstützung geflüchteter Menschen müssen weiterhin zentrale Leitlinien politischen Handelns bleiben.“

„Es braucht keine Drohung zur Rückkehr, sondern konstruktive Angebote“

Rund 16 Millionen Menschen sind in Syrien weiterhin auf Hilfe angewiesen – das sind zwei Drittel der Bevölkerung. Dennoch sind schon mehr als eine Million Syrer aus dem Ausland in ihre Heimat zurückgekehrt. „Die Zahl zeigt: Es braucht keine Drohung zur Rückkehr, sondern konstruktive Angebote, gemeinsam mit Rückkehrwilligen den Wiederaufbau Syriens stärker in den Blick zu nehmen“, sagt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe.

Das katholische Hilfswerk missio Aachen sieht ein Jahr nach dem Sturz des Assad-Regimes immer noch große Defizite bei der politischen Teilhabe aller Religions- und Bevölkerungsgruppen. „Wir ziehen eine eher ernüchternde Bilanz. Zwar sind die Kirchen geöffnet und Christen können ihren Glauben leben, doch fühlen sie sich wie Bürger zweiter Klasse, die vom Aufbau eines neuen Syriens ausgeschlossen sind“, sagte missio-Präsident Dirk Bingener in Aachen.

In Aleppo, vor einem Jahr
In Aleppo, vor einem Jahr   (ANSA)

Eine eher ernüchternde Bilanz

„In einigen Regionen gaben die Behörden beschlagnahmten Kirchenbesitz zurück und kooperieren mit Kirchenvertretern. Das sind aber leider nur Einzelfälle. Insgesamt bezweifeln die Christen im Land den Reformwillen der neuen Regierung“, berichtet Bingener weiter. Auch die Wahlen im vergangenen Herbst hätten das Vertrauen nicht gestärkt, da kaum Christen im Parlament vertreten seien.

Christen in Syrien fordern Teilhabe

Die Christen in Syrien beobachten zunehmend, dass konservativ-islamistische Kräfte mit radikalen Ansichten das öffentliche Leben in Bildungseinrichtungen und Verwaltung prägen. Zwar ist dies in großen Städten bisher weniger spürbar, aber im ländlichen Raum stehen Christen und andere Minderheiten deutlich unter Druck. Die neue Regierung konnte auch Gewalt, die islamistische Gruppen gegen Christen und andere Minderheiten verüben, nicht verhindern. In der Provinz Suwayda etwa wurden 36 Dörfer geräumt, Häuser geplündert und Kirchen niedergebrannt. Sechs Dörfer sind völlig zerstört.

„Die Christen in Syrien sehnen sich nach Stabilität, Sicherheit und politischer Teilhabe. Diese Punkte sind Prüfsteine für die neue Regierung ein Jahr nach dem Sturz Assads. Gelingt es ihr nicht, die Lage glaubwürdig und spürbar zu verbessern, werden noch mehr Christen überlegen, ob sie in diesem Land bleiben können“, warnt Pfarrer Bingener.

(pm – sk)
 

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07. Dezember 2025, 10:04