Militärbischof Overbeck: „Ukraine darf nicht als Verliererin dastehen“
Bischof Overbeck sieht die Ukraine in einer äußerst prekären Situation: „Die Ukraine ist auf der einen Seite durch die beständigen Angriffe Russlands bedroht - und auf der anderen Seite durch einen nicht mehr verlässlichen Partner, nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika.“ Besonders kritisch sieht er Äußerungen aus den USA, die der Ukraine eine Mitschuld an dem Konflikt zuschreiben. „Das ist eine verdrehte Welt. Dieser Angriffskrieg ging eindeutig von Russland aus“, so Overbeck.
Die Ukraine sei ein demokratischer Staat, der sich klar zur Rechtsstaatlichkeit bekenne – im Gegensatz zur Russischen Föderation. Deshalb müsse sich Europa mit aller Kraft für das Land einsetzen. „Die Ukraine darf nicht als Verlierer dastehen“, mahnt Overbeck. Denn ein ungerechter Friedensschluss könnte andere Staaten ermutigen, nach dem Prinzip des „Rechts des Stärkeren“ zu handeln.
Bundeswehr und NATO: Neue Aufgaben und Herausforderungen
Neben der Unterstützung der Ukraine sei es wichtig, dass sich auch Deutschland seiner sicherheitspolitischen Verantwortung bewusst werde. Overbeck sieht hier erheblichen Nachholbedarf: „Die Bundeswehr muss eine neue Rolle im Bündnis übernehmen. Dafür braucht sie nicht nur neue Waffensysteme, sondern vor allem mehr Personal.“ Der Bedarf sei enorm – allein 40.000 neue Soldatinnen und Soldaten müssten gewonnen werden.
Die NATO stehe vor der Herausforderung, sich an die veränderte Sicherheitslage anzupassen. Gleichzeitig müsse Europa eine stärkere diplomatische Rolle übernehmen. „Die Europäische Union und die NATO müssen sich neu aufstellen, um bei möglichen Friedensverhandlungen eine entscheidende Rolle zu spielen“, so Overbeck.
Hoffnung auf Frieden, aber Sorge um Gerechtigkeit
Die aktuellen Verhandlungen über einen Waffenstillstand verfolgt der Militärbischof mit gemischten Gefühlen: „Ich hoffe, dass nächste Schritte getan werden können, weil das zu meinen christlichen Grundeinstellungen gehört. Aber ich sehe mit großer Besorgnis, dass die Ukraine nicht als Verlierer dastehen darf.“ Ein ungerechter Frieden, der allein die Machtverhältnisse bestätige, könne fatale Folgen haben – nicht nur für die Ukraine, sondern für die gesamte internationale Ordnung.
Glaube als Stütze für Soldaten – Friedenswallfahrt nach Lourdes
Jenseits der politischen Debatte betonte Overbeck die Bedeutung des Glaubens für Soldaten. „Die jährliche Friedenswallfahrt nach Lourdes ist eine wichtige Tradition“, erklärte er.
Die Wallfahrt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von französischen und deutschen Soldaten ins Leben gerufen und findet in diesem Jahr vom 14. bis 20. Mai unter dem Motto des Heiligen Jahres „Pilger der Hoffnung“ statt.
Gerade für Soldaten sei der Glaube eine wichtige Orientierung. „Er erinnert uns daran, dass Gewalt niemals Selbstzweck sein darf, sondern dass es immer um den Frieden gehen muss“, so Overbeck. Der christliche Glaube rufe dazu auf, alle Mittel der Gewalt so weit wie möglich zu vermeiden und sich für friedensstärkende Maßnahmen einzusetzen.
Ein Plädoyer für Verantwortung und Gerechtigkeit
Bischof Overbeck machte deutlich, dass die Ukraine weiterhin auf Unterstützung angewiesen ist – politisch, militärisch und diplomatisch. Gleichzeitig ruft er zu einem verantwortungsvollen Umgang mit militärischer Gewalt auf. „Es geht um ein Ziel, und das muss der Friede sein.“
(radio horeb - mg)
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