Österreich: Israelitische Kultusgemeinde ehrt Schönborn
Im Rahmen einer Feierstunde am Dienstagabend wurde ihm zu Ehren erstmals ein nach ihm benannter Stern am Gewölbe des Wiener Stadttempels angebracht. Gleichzeitig war es das erste Mal in der Geschichte der IKG, dass ein katholischer Bischof als Ehrengast an der Eröffnung einer Sitzung des Kultusvorstands - dem höchsten Gremium der Jüdischen Gemeinde Wiens - teilnahm.
IKG-Präsident Oskar Deutsch würdigte in seiner Ansprache die langjährige Verbundenheit des emeritierten Wiener Erzbischofs mit der Jüdischen Gemeinde sowie dessen beständiges Engagement im interreligiösen Dialog. Er hob besonders Schönborns verlässliche Unterstützung jüdischer Interessen im öffentlichen Diskurs und gegenüber der Politik hervor - eine in Europa einzigartige Verbindung zwischen der jüdischen Gemeinde und den christlichen Kirchen, wie sie in Wien gelebt wird.
Ein Stern am Gewölbe
Oberrabbiner Jaron Engelmayer unterstrich die enge Zusammenarbeit zwischen jüdischen und katholischen Gemeinden, die sich während Schönborns Amtszeit als Wiener Erzbischof weiter gefestigt habe. Er dankte für die vielen persönlichen Botschaften des Kardinals an die Gemeinde, insbesondere zu den großen Festtagen, und verwies auf die jüngste „Wiener Erklärung“, die am 9. Januar auf Initiative von Kardinal Schönborn gemeinsam mit dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Ümit Vural, sowie Engelmayer selbst unterzeichnet wurde. Diese gemeinsame Erklärung gegen religiös motivierte Gewalt werde im Stadttempel einen besonderen Ehrenplatz erhalten.
In seiner Dankesansprache zeigte sich Kardinal Christoph Schönborn tief bewegt von der Geste der IKG: „Es ist für mich ein bewegender Moment. Es ist schon sehr außergewöhnlich, dass ich hier stehen darf, das bewegt mich sehr“, so Schönborn. Und auch dass nun ein Stern im Stadttempel seinen Namen trage, „berührt mich zutiefst“, bekannte der Kardinal.
In seinen Dankesworten ging er auch auf eines seiner wichtigsten theologischen Anliegen ein: Mit der Konzilserklärung „Nostra aetate“ (1965) habe die katholische Kirche eine „kopernikanische Wende“ vollzogen und der alten Substitutionstheorie, wonach die Kirche an die Stelle Israels getreten sei, endgültig widersprochen. Durch diese Lehre hätten Christen in der Vergangenheit mit dazu beigetragen, antijüdische Ressentiments zu verstärken, was verheerende Folgen hatte.
Heute sei es in der katholischen Kirche ebenso wie in anderen christlichen Kirchen klar, dass der Bund Gottes mit seinem Volk Israel - wie schon Paulus betonte - unwiderruflich sei: „Der neue Bund ist nicht Substitution, das ist ein ganz entscheidender Gedanke für das Verständnis der Unaufhebbarkeit und damit der Anerkennung des Judentums durch das Christentum“. Diese Erkenntnis theologisch zu vertiefen und sie auch tatsächlich zu überwinden, sei eines seiner zentralen Anliegen als Theologe und Bischof gewesen und bleibe es auch weiterhin. Sie sei schließlich der tiefste Grund der tiefen Verbundenheit von Christen und Juden.
(kap - sk)
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