Kardinal Christoph Schönborn (Foto: kathpress) Kardinal Christoph Schönborn (Foto: kathpress)  (kathpress )

Wien, Rom, Welt: Kardinal Christoph Schönborn wird 80 Jahre alt

Einer der profiliertesten Kirchenmänner deutscher Sprache vollendet am Mittwoch, den 22. Januar 2025, sein 80. Lebensjahr. Der Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn prägte die Kirche Österreichs seit den 1990er Jahren. Noch länger zurück reicht sein Einsatz im Vatikan im Dienst dreier Päpste. Schönborn nahm an neun Bischofssynoden, fünf ad Limina-Besuchen und zwei Papstwahlen teil.

Gudrun Sailer – Vatikanstadt

Es war der Auftakt einer langen Reihe vatikanischer Verpflichtungen für den jungen österreichischen Dominikaner Christoph Schönborn, als Papst Johannes Paul II. ihn 1980 zum Mitglied der Internationalen Theologischen Kommission berief. Schönborn, 36, lehrte damals Dogmatik im Schweizer Fribourg, und seine Berufung in den Vatikan verdankte er seinem früheren Professor in Regensburg, Kardinal Joseph Ratzinger. Dieser wurde wenig später Präfekt der Glaubenskongregation in Rom und sicherte sich die Zuarbeit seines Schülers auch bei einem herausragenden Projekt der Weltkirche: der Redaktion des Weltkatechismus. 1987 bis 1992 wirkte Schönborn als Sekretär der Katechismus-Kommission, fünf Jahre, die Schönborn in einem Interview mit Radio Vatikan 2017 als „wahrscheinlich das Wichtigste in meinem Leben” bezeichnete. Die Arbeit am Katechismus unter Ratzinger sei „ein großes Privileg, eine wunderbare Erfahrung und sehr intensiv“ gewesen.

Theologen-Laufbahn? Es kam anders

Noch ehe der Katechismus erschien, wurde Schönborn 1991 Weihbischof in Wien, das er kaum kannte. Geboren am 22. Jänner 1945 in Böhmen (Leitmeritz), war er als Kleinkind mit seiner flüchtenden Familie nach Vorarlberg in den äußersten Westen Österreichs gekommen. Seine Ausbildung im Dominikanerorden hatte er zum überwiegenden Teil in Deutschland und Paris erhalten, pastorale Erfahrung hatte er wenig, eine theologische Laufbahn schien ihm vorbestimmt. Doch genau wie bei seinem Lehrer Joseph Ratzinger es kam anders.

 

1995 ernannte Johannes Paul II. Schönborn zum Erzbischof von Wien. Es waren schwere Zeiten: Die Missbrauchskrise rund um den bisherigen Amtsinhaber Kardinal Hans Hermann Goër hatte Österreichs Kirche tief gespalten, der Unmut gegen Rom war groß. Der neue Wiener Erzbischof hatte viel zu vermitteln. „In Rom habe ich gesagt: ,Moment! Ganz so schlimm ist es in Österreich nicht, wie ihr glaubt.’ Und in Österreich habe ich gesagt: ,Bitte schauen wir, dass wir wieder zusammenkommen.‘ Es waren harte Jahre“, gab Schönborn zu Protokoll.

Auch als langjähriger Vorsitzender der Österreichischen Bischofskonferenz (1998-2020) warb Schönborn als Hirte und Krisenmanager um neues Vertrauen für die Kirche. Zugleich erhielt sein Wirken eine immer ausgeprägtere weltkirchliche Dimension. Denn mit seiner Erhebung in den Kardinalstand 1998 begann eine Reihe von Ernennungen in Kurienbehörden.

Die römischen Ernennungen

Ausweislich des Päpstlichen Jahrbuchs war Kardinal Schönborn seit 1999 Mitglied im Glaubensdikasterium, im Ostkirchen-Dikasterium und im Päpstlichen Kulturrat (bis 2014, bereits seit 1994 Konsultor), von 2000 bis 2010 in der Päpstlichen Kommission für die Kulturgüter der Kirche, von 2002 bis 2021 in der Bildungskongregation, von 2011 bis 2023 im Päpstlichen Rat für die Förderung der Neuevangelisierung, der dann dem Dikasterium für die Evangelisierung eingegliedert wurde, in welchem Schönborn 2023 Mitglied war. Von 2014 bis 2016 war er Mitglied im Päpstlichen Laienrat. Darüber hinaus wirkte er 22 Jahre lang bis 2024 in hohen Beratungsfunktionen im Generalsekretariat der Bischofssynode, erst im Sonderrat für Europa, seit 2013 im Ordentlichen Rat.


 

Neun Bischofssynoden

Insgesamt nahm der polyglotte Kardinal aus Österreich an nicht weniger als neun römischen Bischofssynoden teil. Sein vermittelndes Geschick kam besonders bei der von Papst Franziskus einberufenen Familiensynode 2014/2015 zum Tragen. Schönborn hatte in seinem Erzbistum schon länger eine Pastoral für geschiedene Katholiken in ziviler Zweitehe eingerichtet und konnte nun in der Arbeitsrunde der Deutschsprachigen, die auch die Kurienkardinäle Müller und Koch umfasste, eine weltkirchlich gültige Zulassung zur Kommunion dieser Gläubigen in Einzelfällen erwirken.

Papst Franziskus packte den Kompromiss in eine Fußnote seines nachsynodalen Schreibens „Amoris Laetitia“ (2016). Es war Kardinal Schönborn, der dieses Dokument im Vatikan der Öffentlichkeit vorstellte und es mit durchdachten theologischen Argumenten gegen Kritik verteidigte.

 

Schönborn arbeitete an der Seite dreier Päpste: Johannes Paul II., Benedikt XIV. und Franziskus. Benedikt stand ihm am nächsten, theologisch wie kulturell; so lud der Lehrer den Schüler ein, 2007 im Vatikan den ersten Teil seiner Trilogie zu „Jesus von Nazareth“ der Weltöffentlichkeit vorzustellen. Im selben Jahr konnte der Kardinal den bayerischen Papst zu einer dreitägigen Reise in Österreich empfangen. Auch nahm der Dominikaner über die Jahrzehnte treu an den Ratzinger-Schülerkreis-Treffen teil, die seit der Wahl Ratzingers zum Papst jährlich nach Rom ausgelagert waren.

Schönborn und Bergoglio: eine lange Bekanntschaft

Doch auch zu Papst Franziskus entwickelte Schönborn ein Naheverhältnis. Die beiden hatten einander in Buenos Aires kennengelernt, weil beide, Bergoglio in Argentinien und Schönborn in Österreich, den Frauen-Bettelorden der „Kleinen Schwestern vom Lamm“ förderten. Als Papst holte Franziskus sich wiederholt Rat vom Wiener Kardinal betreffs Kirche in Europa, und er griff auf seine theologische Expertise zurück, gerade auch zum Thema Synodalität: 2015 hielt Schönborn neben dem Papst den Hauptvortrag bei den Vatikan-Feiern zu 50 Jahren Bischofssynode und wurde so ein Mit-Architekt der neu betonten Synodalität in der Weltkirche. Und selbstverständlich nahm der Wiener Erzbischof an der Weltsynode zur Synodalität 2023/2024 teil, seine mutmaßlich letzte Kirchenversammlung dieser Art.

 

Mit seinem 80. Geburtstag wird Kardinal Christoph Schönborn künftig auch in Rom kürzertreten, auch wenn er vorerst Leiter der Kardinalskommission des IOR und Mitglied im Ostkirchen-Dikasterium bleibt. Der weltgewandte Österreicher, der an zwei Papstwahlen teilnahm und seinerseits als „papabile“ galt, scheidet aus dem aktiven Wählerkreis beim Konklave aus. Sein theologischer Sachverstand und seine pastorale Umsicht namentlich auch in der dornigen Frage des Missbrauchs haben die Weltkirche vorangebracht, und sein Weitblick, seine bedachte Art der Konfliktlösung und sein Format bleiben in Rom in Erinnerung.

(vatican news – gs)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

18. Januar 2025, 09:51